50 Jahre „Leuenberger Konkordie“

1973-2023 – 50 Jahre „Leuenberger Konkordie“

Veröffentlichung Herbst 2023

Die „Leuenberger Konkordie“ ist eine vielbeachtete Übereinkunft von protestantischen Kirchen, wenn Christ*innen unterschiedlicher Konfessionen über ihr Zusammenleben nach Jahrhunderten der Trennung nachdenken. Europäische Kirchen erarbeiteten sie als ein ökumenisches Übereinkommen, das die grundlegenden gemeinsamen theologischen Überzeugungen ihres Glaubens feststellt, aber auch Offenheit für unterschiedliche Verständnisse einzelner theologischer Fragen zeigt. Entscheidend neu ist, dass bleibende Unterschiede nicht mehr die Kirchen-, Kanzel- und Abendmahlsgemeinschaft hindern. Die „Leuenberger Konkordie“ steht für das Modell der sog. „Einheit in versöhnter Verschiedenheit“.
2023 feierte sie ihren 50. Geburtstag.

Vollständig heißt sie „Konkordie reformatorischer Kirchen in Europa“. Sie legt mit ihren Formulierungen den theologischen Grund für die Gemeinschaft von reformierten, lutherischen und unierten Kirchen.
Zumindest den älteren Wuppertalerinnen dürften „die Lutheraner“, „die Reformierten“ und „die Unierten“ noch ein Begriff sein, die alle als evangelisch galten bzw. gelten und zusammen in der „Evangelischen Kirche im Rheinland“ verbunden sind. Die „Leuenberger Konkordie“ formuliert letztlich theologisch, warum diese Kirchen sich gemeinsam als Evangelische Kirche oder Protestantische Kirche verstehen können, die ja 1973 zumeist schon lange – oft schon seit 1817! – unter einem Dach lebten. Auf der Basis der Formulierungen gewähren sich die unterzeichnenden Kirchen vollständige Kanzel- und Abendmahlsgemeinschaft und erkennen die Ordinationen der Pfarrerinnen gegenseitig an.
Die „Evangelische Kirche im Rheinland“ formuliert in ihrer Kirchenordnung ausdrücklich, dass „sie … Mitglied der Leuenberger Kirchengemeinschaft“ ist. Auch die „Evangelische Kirche in Deutschland“ (EKD) legt die „Leuenberger Konkordie“ zugrunde, wenn sie die Verschiedenheit der Bekenntnisse der in ihr zusammengeschlossenen Kirchen als nicht kirchentrennend ansieht und begründet mit ihr die volle Abendmahlsgemeischaft. Die heutige „Gemeinschaft Evangelischer Kirchen in Europa“ (GEKE) mit Sitz in Wien, zunächst bis 2003 „Leuenberger Kirchengemeinschaft“ genannt, verdankt der „Leuenberger Konkordie“ ihre Existenz; in ihr sind heute 94 protestantische Kirchen in mehr als 30 Ländern zusammengeschlossen.

Nach Jahrhunderten der Trennung gab es insbesondere nach dem 2. Weltkrieg innerprotestantische Diskussionen, „Lehrgespräche“ genannt. Insbesondere das Verständnis des Abendmahls, das ja in der Reformationszeit nicht geklärt werden konnte, war Thema. So entwarf man 1957 die Arnholdshainer Abendmahlsthesen, die allerdings kein allerseits anerkanntes Ergebnis brachten. Die Gespräche verlagerten sich auf die internationale und europäische Ebene, wo bereits auf Anregung des Ökumenischen Rates der Kirchen die theologischen Fragen geklärt werden sollten, und auf das generellere Thema der „Kirchengemeinschaft“. Nach verschiedenen Gesprächsrunden verabschiedeten 39 Delegierte europäischer Kirchen bei einer Tagung vom 12. bis 16.3.1973 in der evangelischen Heimstätte Leuenberg bei Hölstein südöstlich von Basel in der Schweiz die „Konkordie reformatorischer Kirchen in Europa“ (35 Ja-Stimmen, 4 Enthaltungen). Am 1.4.1974 trat sie in Kraft. Mehr als 100 Kirchen in Europa haben sie bis heute unterzeichnet.

Der Text der Konkordie umfasst 49 Paragraphen auf etwa sechs DIN-A-4 Seiten. Die zustimmenden Kirchen stellen ein gemeinsames Verständnis des Evangeliums fest, weswegen es jetzt möglich ist, die Kirchengemeinschaft zu erklären und zu verwirklichen. Es wird auf den einzigen Grund der Kirche, auf Jesus Christus hingewiesen. Es folgt eine Replik auf die Reformationszeit und die Feststellung veränderter Voraussetzungen in der Jetztzeit. Im zweiten Abschnitt ab § 6 wird das gemeinsame Verständnis des Evangeliums ausgehend von der Rechtfertigungsbotschaft von der freien Gnade Gottes beschrieben. Abschnitt III ab § 17 benennt ausdrücklich die „Übereinstimmungen angesichts der Lehrverurteilungen der Reformationszeit“. Da geht es um das Abendmahl, die Christologie, die Frage der Prädestination und zu schließende Folgerungen. Das Bemühen, jeweils einen gemeinsamen Nenner zu finden, ist den Formulierungen abzuspüren. Abschnitt IV ab § 29 dienen der Erklärung und ab § 35 der Verwirklichung der Kirchengemeinschaft.

Wir können der Konkordie zum Geburtstag gratulieren! Denn sie ist gewiss ein Erfolgsmodell. Ja, „die Leuenberger Konkordie ist das einzige Einheitskonzept, das tatsächlich zur Vereinigung von Kirchen geführt hat und insofern das einzig realistische Modell für die weltweite Einheit der Kirchen.“ (D. Heidtmann auf www.elk-wue.de)

Abschließend sei bemerkt, dass ein ehemaliger Presbyter der Ev.-ref. Gemeinde Ronsdorf der erste – nebenamtliche – Sekretär eines 1978 eingerichteten Sekretariats des „Koordinierungsausschusses für die Leuenberger Lehrgespräche“ wurde. Sein Name: Martin Weyerstall. Von 1978 bis 1987 versah er dieses Amt.